Alternative Flugreise mit Airzone vom 12. – 18.07.2020

Ursprünglich war ja als Destination für die Flugreise Nordmazedonien angedacht. Da das BAG am 02. Juli jedoch Nordmazedonien auf die Liste der Staaten mit erhöhtem Infektionsrisiko setzte und folglich bei der Rückkehr eine 10-tägige Quarantäne drohte, war schnell klar, dass es dieses Jahr nichts werden wird. Die Enttäuschung war anfänglich natürlich gross. Zumal nicht klar war, ob es eine alternative Reise geben oder die Reise ersatzlos gestrichen würde.

Diese Ungewissheit hielt jedoch nicht lange an. Schon kurz nach Bekanntgabe des BAG liess Sergio verlauten, dass er ein alternatives Reiseprogramm auf die Beine stellen wird. Diverse Optionen wurden im Vorfeld genannt. Jedoch konnte ich mir nicht so richtig vorstellen, was da auf mich zukommen wird…….

Tag 1:
Treffpunkt: 06:00 Flugschule Airzone in Oensingen.
Nachdem sich alle noch etwas schlaftrunken eingefunden und begrüsst haben, wurde auch schon das Tagesziel kommuniziert. Die Woche sollte mit einem Paukenschlag beginnen. Unser Ziel: Jungfraujoch. Die wenigsten der Reiseteilnehmer konnten diesen Flug bisher in ihr Flugbuch eintragen. Entsprechend war die Vorfreude der gesamten Gruppe, welche vom Schüler bis zum Routinier alles abdeckte, riesig.
Mit zwei Schulbussen machten wir uns auf den Weg nach Grindelwald. Nach einer kurzweiligen Fahrt stiegen wir um auf die Bahn hoch zum Jungfraujoch. Schon die Bahnfahrt kann eigentlich als erstes kleines Highlight gewertet werden bzw. ist für mich nun verständlich, weshalb das Jungfraujoch die Touristen in Massen anzieht.
Für einen kleinen Lacher sorgte die Zugbegleiterin der Jungfraubahn, als Sie bei der Kontrolle unserer Einweg-Billette die Bemerkung fallen liess: «Ah, Ihr kommt nicht mehr zurück! »
Sie bereute die gemachte Aussage noch bevor Sie den Satz zu Ende sprach.
Oben angekommen instruierte Sergio nochmals die Gruppe, bevor sich alle Startbereit machten.

Anschliessend begab sich einer nach dem anderen an den Startplatz, wo Sergio und Peter unterstützend bereitstanden, sollte sich der Schirm während des Startvorgangs nicht wie gewünscht verhalten. Erfreulicherweise verliefen sämtliche Starts problemlos und alle konnten den 30-minütigen Gleitflug entlang der Eigernordwand nach Grindelwald in vollen Zügen geniessen.
Es war ein erhabenes Gefühl, lautlos entlang dieser imposanten Felswand zu gleiten.
Entsprechend euphorisch war die Stimmung am Landeplatz.

Ein zweiter Flug erfolgte vom First. Bei guter Thermik konnte man relativ einfach aufdrehen und in alle Himmelsrichtungen auf Erkundungstour gehen.

Für die nächsten Tage stand das Fluggebiet rund um Annecy auf dem Programm.
Um nicht die ganze Strecke an einem Tag fahren zu müssen, machten wir uns daran, nach einem leckeren Nachtessen in Interlaken, einen Teil der ca. 3-stündigen Fahrt bereits zurückzulegen.
Unser Nachtlager schlugen wir in Bulle auf.

 

Tag 2 + 3:
Mit dem Ziel, den Tag fliegerisch auskosten zu können, machten wir uns schon früh auf in Richtung Annecy. Während den zwei Tagen, welche wir rund um den Lac d’Annecy verbrachten, konnte jeder bei traumhaften Bedingungen und vor einer überwältigenden Kulisse zur Genüge an seinen Skills arbeiten. Neben den Startplätzen Planfait und Marlens, gilt es besonders den Startplatz Forclaz zu erwähnen. Ein sehr grosszügiger, mit Kunstrasen überzogener Startplatz. Noch nie habe ich eine solche Masse an Piloten auf einem Haufen gesehen. Insbesondere die Armada an kommerziellen Tandempiloten, welche wellenartig in regelmässigen Abständen über den Startplatz schwappte, war höchst eindrücklich. Das emsige Treiben auf dem Startplatz war sowohl unterhaltend wie auch lehrreich. Kein Wunder wurde neben dem Startplatz eigens eine Besuchertribüne errichtet.
Beachtenswert war, dass sich die Tandempiloten stets sehr rücksichtsvoll verhielten und sich in keiner Weise als «Platzhirsche» aufspielten. Und wusste sich dennoch jemand nicht zu benehmen, schritt der Platzwart ein, welcher höflich, aber sehr bestimmt zu verstehen gab, wer der Chef auf dem Kunstrasen ist.
Die beiden Abendflüge vom Forclaz aus endeten auf dem riesigen Landeplatz von Doussard, wo wir uns das verdiente Landebier gönnten.

 

Tag 4:
Angesichts des bevorstehenden Wetterumschwungs waren wir gezwungen, die Region um Annecy zu verlassen. Unser neues Ziel: die Normandie.
Wiederum war geplant, dass am Abend noch geflogen werden kann. Entsprechend zeitig fuhren wir los. Nach der 7-stündigen Busfahrt bezogen wir schnell unser Hotel in Le Havre, um gleich im Anschluss an den Startplatz von Octeville weiterzufahren.
Für mich folgte einer der schönsten Flüge in meiner noch kurzen Pilotenlaufbahn.
Die Szenerie war überwältigend. Während rund zwei Stunden konnten wir bei perfekten Windbedingungen der kilometerlangen Felswand entlangsoaren. Die Landung erfolgte am Hafen von Bruneval. Ein paar Meter vom Landeplatz entfernt fanden wir uns alle zum Landebier mit anschliessendem Nachtessen ein. Fish and Chips kann man dort getrost ignorieren.

 

Tag 5:
Da die Bedingungen ähnlich gut waren wie am Vortag, begaben wir uns erneut an die Küste von St. Octeville. Was mich natürlich sehr freute. Während rund sieben Stunden flog ich die Küste hoch und runter, machte unzählige Fotos und Filmaufnahmen und gab Siri Anweisungen, welche Musik ich gerade hören möchte.
Im Vergleich zum Vortag hatten wir sogar das Glück, dass wir zweimal den Hafen von Bruneval überbrücken und entlang der Alabasterküste bis nach Étretat fliegen konnten.
Wer glaubt, dass einem doch irgendwann die Langeweile überkommen muss, ist dort noch nie geflogen! Zum Abendessen landeten wir alle wieder am Hafen von Bruneval, an welchem wir einen herrlichen Sonnenuntergang geniessen durften.

 

Tag 6:
Fliegerisch starteten wir am Cap de la Hève, am östlichsten Zipfel von Le Havre, in den Tag. Ein kleines, aber sehr spezielles Fluggebiet. Genüsslich konnte entlang der Felsküste gesoart werden. Mit einem wunderbaren Blick auf Le Havre und Umland drehten wir unsere Runden.
Anschliessend ging es weiter nach Villerville. Hier wäre ebenfalls entspanntes Soaren geplant gewesen. Leider war der Wind für einmal etwas schwach, weshalb sich zuerst nur die Cracks in die Luft wagten. Später versuchten es noch andere selbstbewusste Reiseteilnehmer. Mehrheitlich erfolglos!
Als Zeitvertreib schlossen die am Startplatz verweilenden Piloten Wetten ab, wie lange es wohl gehen mag, bis der nächste am Boden steht. In der Regel dauerte es weniger als eine Minute.
Da gemäss Prognose keine Besserung bezüglich Wind zu erwarten war, verliessen wir die malerische Küstenlandschaft und fuhren zurück an unsere Homebase nach Octeville.
Auch dort war der Wind deutlich schwächer als an den beiden Tagen zuvor. Man konnte sich gerade so auf Startplatzhöhe halten.

 

Tag 7:
Aufgrund der Wetterprognose entschieden wir im Plenum, dass es keinen Sinn macht, eine weitere Nacht in der Normandie zu verbringen. Somit war dies unser letzter Flugtag. Am Cap de la Hève nahm unsere Schlussvorstellung ihren Anfang. Die Bedingungen waren deutlich besser als am Vortag. Was dazu führte, dass wir unseren Radius in südöstlicher Richtung ausdehnen und über bewohntem Gebiet unsere Kreise drehen konnten, was für einige eine neue Erfahrung war.

Als krönender Abschluss fuhren wir nochmals nach Octeville.
Ein letztes Mal konnten wir dieser traumhaften Küste folgen. Auch am dritten Tag hat dieser Flug kein bisschen seines Reizes eingebüsst.
Was auf 3454 m ü. M. auf dem Jungfraujoch begann, endete auf 0 m. ü. M. am Hafen von Bruneval.

An Abwechslungsreichtum bezüglich Fliegen ist diese Woche wohl kaum zu überbieten. Trotzdem hätte es nur halb so viel Spass gemacht, hätte innerhalb der Gruppe nicht so eine positive und entspannte Atmosphäre geherrscht. Entsprechend möchte ich mich bei allen Reiseteilnehmern für die tolle Woche bedanken. Ganz besonders möchte ich mich jedoch bei Sergio und Simi bedanken, welche es trotz den nicht ganz einfachen Voraussetzungen erneut geschafft haben, dass jeder eine Fülle an unbezahlbaren Erlebnissen mit nach Hause nehmen konnte.

Peter Schärli