Flugbericht Hohwacht-Bourg-en-Bresse vom Sonntag 28.Mai 2023

Meteo

Am Samstag war ich anderweitig beschäftigt und konnte nicht fliegen gehen, hatte aber Kontakt mit Benu Staub, der an diesem Tag vom Bölchen an die Vue-des-Alpes flog. Er berichtete, dass es ziemlich turbulent war, und die Thermik nicht richtig durchzog. Insofern war ich nicht gerade guten Mutes für den Sonntag.

Zuversichtlich stimmte mich, dass es im XCTherm und im Emagramm auf der SHV-Meteo-Seite in den unteren Schichten labiler sein sollte als am Samsatg, und dass der Wind schwächer sein sollte.

Nachdem ich eine Woche zuvor am Bölchen einen ziemlich unschönen Start hatte (weil die Nordkomponente zu gross war) und die Windanimation auf der MeteoSchweiz-App wieder eher Nord simulierte, war dann auch klar, dass ich es von der Hohwacht aus versuchen wollte.

Am Sonntagmorgen hatte sich Heini Bischof bereit erklärt, mich auf die Ulmet hochzufahren, obwohl er leider halb krank war und nicht fliegen konnte. Tollerweise hat Thomas von Burg geschrieben, dass er auch auf die Hohwacht kommen würde, allerdings zu Fuss vom Passwang her.

Am Startplatz angekommen war Thömu schon da und am parat machen. Der Wind war schon an und lud ein zum Start. Also auch vorwärts machen. Ich war gar nicht so scharf auf den Tag, weil ich nicht so recht daran glaubte, dass es wirklich genug labil sein würde. Thömu war kurz vor mir in der Luft.

Start 11.42

 

Beim rausfliegen sah ich, dass Thömu beim Geitenberg auf Startplatzhöhe war, also drehte ich nach rechts, wo ich gleich die Ostrichtung des Windes bemerkte. Es lupfte ein wenig, aber ziemlich unruhig, nicht überzeugend. Also drehen und Richtung Ulmet probieren. Am Hang ging nicht viel, aber weiter draussen sah ich einen Vogel. Da gings dann auch mal ein bisschen hoch, aber viel zu wenig um wegzukommen. Dann ging das suchen los. Nordseitig war das Steigen zu schwach. Schlussendlich gelang es uns, bei der Ulmet genügend Höhe zu machen, um dann in die (Lee-?)Thermik am Südhang der Ulmethöchi einzuhacken. Als der Bart schwächer wurde, reichte die Höhe um über den Passwang zu gleiten – also nichts wie weg.

Richtung Westen wars schon schön am kumulieren, wodurch meine XC-Seele richtig wach wurde. Thömu lief es bis zum Brandberg etwas besser, wodurch ich sah, dass er kaum Saufen hatte. Die Thermik an der Südseite des Sonnebergs war auch schon recht stark, weshalb ich mich entschloss nicht höher als 1550 zu drehen, um nicht in Konflikt mit der TMA zu kommen. So gings sorgenfrei bis Ende TMA.

Am Binzberg konnten wir eine herrliche 4m-Thermik dann bis zur Basis ausdrehen. Weiter bis zum Luftraum von Les Eplatures gings problemlos. An der Montozkette hatte es schon einigen Vorflieger, die anzeigten, dass es an den Nordhängen ging. Und die Wolken zeigten an, dass die Südseite auch funktionierte.

Zu meiner Beunruhigung sah ich auf meinem Smartphone, dass im XC-Track die von mir geliebte Seitenansicht mit den Lufträumen nicht mehr angezeigt wurde. Zum Glück hab ich es dann aber hinbekommen, auf der Seite das Widget wieder einzurichten.

Eplatures etc

Eigentlich wollte ich vor Eplatures maximal Höhe machen, um dann möglichst einen Teil darüber fliegen zu können, weil die schönsten Wolken wieder mal genau über dem Luftraum hingen. Ich habe aber nicht geschnallt, dass ich schon so nahe am Luftraum war, als ich ein 2m-Steigen liegen liess und weiter ging. Sogleich war ich über der CTR. Die angeflogenen Wolken boten kein Steigen, weshalb ich nach Norden flüchtete und mit 25 Meter Reserve die Seite des Luftraums überflog – UFF…

Thömu war schon vorher nach Norden abgebogen und steuerte über de Doubs, wo es aber nur eine kleine Wolken hatte. Grössere Wolken standen weiter westlich zwischen Doubs und CTR, also nichts wie drauf los. Unter der Wolke war ich dann aber sehr tief und musste mich nach Thermikquellen am Boden umsehen. Ein erster Versuch über einer Lee-Thermikquelle spendete nur ein paar Meter Höhe, weil zu schwach und verblasen. Also flog ich mal weiter raus ins Doubs-Tal und flog in einen schönen 3m-Bart, der mich an die Basis auf 2800 brachte. Nun kam dann doch noch auf die Idee, den Tower in Eplatures um eine Durchflugerlaubnis anzufragen, die ich dann prompt erhalten habe. Das hätte ich besser schon in St. Imier machen sollen. Die letzten Male liess er mich aber nicht durch, weshalb ich pessimistisch war. Allerdings war ja Sonntag, an welchen ich schon eher ein Bewilligung bekam als unter der Woche. Ironischerweise ging es dann von der Basis auf 2800 dann ohne Probleme schön über der CTR weiter.

Eine weitere unnötige Anstrengung war das Verhindern einer Luftraumverletzung mit den französischen Militärflugzonen, die an dem Tag zwar nicht aktiv waren, aber das wusste ich nicht. Ich ging davon aus, dass sie aktiv sind, weil sie im XC-Track angezeigt wurden. Letztes Jahr war es so, dass man darauf gehen konnte, dass diese Lufträume im XC-Track/Xcontest aktuell waren, heuer anscheinend nicht. Jedenfalls war ich fortwährend damit beschäftigt, die Lufträume im Auge zu behalten und das Ohrenanlegen mit dem Bonanza 3 zu üben (was ziemlich anstrengend ist, jedenfalls mit den A-Leinen, weil ich fast nicht genug hoch greifen konnte und viel Zug auf den Leinen ist).

Lustig ist auch, dass die Untergrenze dieser Lufträume parallel zu Boden sind, was bedeutet, dass wenn der Untergrund in Flugrichtung abfallend ist, man plötzlich in den Luftraum einfliegt, obwohl man Sinken hat. Es war mühsam und ich war froh, als ich die Lufträume rechts liegen lassen konnte.

Blick zurück (Le Locle)

La Brevine

Gewitterzellen

Nun musste ich mich aber mit den Monster-Schauerzellen südwestlich von mir im Hinterland von Genf auseinandersetzen. Das sah dann etwa so aus:

 

Normalerweise gehe ich nicht fliegen, wenn Gewitter angesagt sind, in den Alpen schon gar nicht. Ich musste mir also überlegen, ob ich landen gehen soll, oder ob ich mit der Situation einen vernünftigen Umgang finden konnte. Vor Champagnol bin ich dann mal ins mehrheitlich Blaue raus geflogen. Da konnte ich die sich aufbauenden Wolken von der Seite gut beobachten. Vor mir Richtung Westen war rechterhand alles blau, dann kam eine ziemlich scharfe, gerade Wolkengrenze und weiter links wurde es immer dunkler und regnete ständig. Blitze habe ich nur einen gesehen. Als ich wieder eher schwaches Steigen ausgedreht habe, habe ich mal die nächste Wolke am Rand zum Blauen angesteuert und bis ca 1800 aufgedreht. Ich habe die ganze Zeit über die Burnair-Go-App den Bodenwind kontrolliert, um sicher zu gehen, dass da unten alles gut landbar ist. Ich hätte noch viel höher aufdrehen können (Sebi war auf 2500. War wohl Basishöhe), wollte aber nicht so nahe an die Wolken gehen. Man weiss ja nie so recht beim Aufdrehen, ob die Wolken sich nicht schnell aufbauen und zu saugen beginnen. Dann habe ich mal das Blaue angesteuert, um zu sehen, ob ich weg von den grossen Wolken gut vorankomme. Das ging sehr gut, die Wolken zogen also nicht.

So bin ich dann dem Wolkenrand entlang von Quelli zu Quelli geflogen. Ich habe auch immer geschaut, ob es  für den Fall, dass ich doch noch hätte runterspiralen müssen, mit Windversatz geeignete Landeplätze gab. Da unten hats nämlich teilweise ziemlich viel Wald. Ausserdem habe ich immer meinen Anti-G-Bremsschirm dabei, falls ich zur Not runterspiralen muss.

Mit dieser Taktik habe ich mich sicher gefühlt. Total entspannt war ich trotzdem nicht, die Natur hat ja immer auch etwas unberechenbares.

Beim Rausfliegen ins Flache vor Bourg-en-Bresse stand vor mir eine fette Wolkenstrasse, die sich dann aber sehr zügig aufgelöst hat. Einmal hatte ich kurz noch schwaches Steigen. Weil ich aber noch relativ hoch war, wollte ich noch besseres finden. Dem war aber nicht so, weshalb ich dann bei einem kleinen Weiler landen ging.

 

Der Nachbar, den ich gefragt hatte, ober mir ein Taxi organisieren könnte, hat mich dann freundlicherweise zum Bahnhof gebracht, weil anscheinend kein Taxi verfügbar war.

 

Vor der Abreise hatte ich noch Zeit um eine Pizza zu essen. Ein Landebier gabs keines, weder in der Pizzabude noch in Genf am Bahnhof (ab 21.00 kein Alkohol mehr im ganzen Bahnhof)

Bevor ich den Zug nahm dachte ich noch, dass es schade ist, dass ich ganz alleine nach hause reisen muss. Umso überraschter war ich, als Sebi Benz auf dem Perron ebenfalls auf den Zug wartete. Das war mir natürlich eine Ehre, mit so einem Gleitschirmgott während der Heimreise ein wenig übers Fliegen zu quatschen.

Bis ganz nach Hause hat’s dann nicht mehr gereicht. Um 01:30 in Olten war Ende-Gelände, und ich musste bis um 4.48 auf die erst Verbindung nach Sissach warten. Ich hab mir also ein ungestörtes Plätzchen gesucht und ein wenig vor mich hingedöst. Um fünf war ich zu Hause.

Fazit

Die Hohwacht hat Potential.

Wer weit fliegen will muss möglichst früh starten und wegkommen, was bei diesem Flug ziemlich gut funktionierte.

Ich frage mich einfach, ob man von der Hohwacht nicht öfters noch früher wegkommen könnte. Ich denke da vor allem an Rückseitenwetter mit entsprechendem Nordwind. Bekannterweise steht an solchen Tagen die Thermik erst ab 13:00 am Nordhang. Wenn es aber labil ist und weiter draussen kumuliert, müsste man auch da Höhe machen und wegfliegen können. Da wissen einige von euch wohl viel besser Bescheid als ich. Ich würde mich diesbezügliche Inputs und Erfahrungsberichte freuen.

Am 28. Mai war es so, dass der Wind deutlich aus NO kam, weswegen am Südhang der Aleten kein ausgeprochenes Lee entstand. Vielleicht begünstigte dies, dass da brauchbare Thermik entstehen konnte, was bei einer klaren Nordlage eventuell weniger der Fall ist. Jedenfalls sind wir früh weg gekommen.

Und dass ich schon um 17:30 am Boden war war heisst, dass noch mehr drin liegt. Allerdings muss man sich dann bald mit dem Luftraum von Lyon beschäftigen. Mal schauen…

Kommentar von Thömu (Thomas von Burg) im Xcontest: (Thomas hat am selben Tag auch einen unglaublichen Flug von über 180km von der Hohwacht gemacht – Details im Xcontest link am Ende des Beitrags)

Mein erster Jura-Hunderter diese Saison :-) War am Morgen ziemlich skeptisch, was die Stärke der Bise anbelangte,- überraschenderweise war dann die Thermik zwar stark, aber wenig zerrissen und angenehm zum Fliegen.

Mit Eplatures tu ich mich nach wie vor schwer; da liegt einfach ein Klotz im Weg!

Die französischen Lufträume R158A und B waren nicht aktiv.

Gegen Ende traute ich der Wetterentwicklung nicht mehr und bin landen gegangen.

Jura forever!!!

XC-Fliegen = Abenteuer. I love it!

Bis bald am Startplatz.

Yves Leu

p.s: die Fotos hat mir Thömu freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

 

Xcontest:
Flug Yves: 
https://www.xcontest.org/switzerland/de/fluge/details:zugvogel/28.05.2023/09:42

Flug Thomas:
https://www.xcontest.org/switzerland/de/fluge/details:flattermann/28.05.2023/09:39

 

 

Rekordflüge von der Hohwacht:
Flüge auf Xcontest